Pressemeldung zu Bildungsregion Mühldorf 21. April 2013 Bildungsregion in Bayern – Worthülse mit wenig Substanz. Imagekampagne für Minister und Landräte. Landkreis Mühldorf seit Jahren Schlusslicht bei der Realschulversorgung in Oberbayern Vor einem Jahr hat Kultusminister Dr. Ludwig Spaenle die Aktion „Bildungsregion in Bayern“ ins Leben gerufen. Die Ziele sind diffus. Nach Aussage des Ministers auf der Homepage des Ministeriums geht es darum, „die Chancen für die jungen Menschen vor Ort zu erhöhen“. Die Initiative soll Kommunen, Jugendhilfe, Bildungsträger und Vertreter der Wirtschaft vor Ort an einem Runden Tisch zusammen zu holen und so die Bildungsangebote und -qualität vor Ort für die jungen Menschen verbessern. Minister Spaenle wörtlich: „Wir wollen mit der Gestaltung der Bildungsregionen auch unserem Ziel näherkommen, dass der Verfassungsauftrag gleicher Lebensbedingungen im ganzen Land realisiert wird“. Sein Staatssekretär Bernd Sibler, in dieser Funktion Nachfolger des Mühldorfer Landtagsabgeordneten und jetzigen Umweltministers Dr. Marcel Huber sekundiert an gleicher Stelle: „Qualität und Gerechtigkeit sind die Leitlinien unserer bayerischen Bildungspolitik.“ www.km.bayern.de/allgemein/meldung/1914/bildungsregionen-in-bayern-fast-die-haelfte-aller-kreisfreien-staedte-und-landkreise-engagiert-sich.html Leider hapert es mit Qualität und Gerechtigkeit bei den Bildungschancen in Bayern ganz gewaltig, insbesondere im Landkreis Mühldorf. Es ist der einzige Landkreis in ganz Oberbayern mit nur zwei Realschulen. Alle anderen Landkreise, auch kleinere, haben mindestens drei. Deshalb hat die Realschule in Waldkraiburg seit Jahren die bayernweit mit Abstand höchste Schülerzahl: aktuell 1420 Schüler, 53 Klassen, in der 7. Jahrgangsstufe elf Parallelklassen, im Abschlussjahrgang zehn Parallelklassen, nur unterzubringen mit einem Behelfsbau und mehreren Containern mit Fachraumprinzip. Eine pädagogische Zumutung, auch wenn das Protokoll der Kreistagssitzung vom 22.03.2013 vermerkt, dass laut Aussage der Schulleitung „nach Abschluss der bereits eingeleiteten Maßnahmen ein ordnungsgemäßer Schulbetrieb für die nächsten Jahre – wenn die Schülerzahlen nicht wieder merklich steigen – sichergestellt“ sei. Ordnungsgemäßer Schulbetrieb und pädagogisch vernünftige Rahmenbedingungen sind durchaus zweierlei. Dass das Maximum bei der Schülerzahl erreicht sei, behaupten die Sitzungsvorlagen im Kreistag seit 2009 mit wiederkehrender Regelmäßigkeit, um sich im Folgejahr erneut nach oben zu korrigieren. Tatsache ist: Würden die derzeitigen Schüler in Waldkraiburg auf zwei Schulen aufgeteilt, wären diese immer noch größer als der Durchschnitt der bayerischen Realschulen. Der liegt bei 667 Schülern in 24,7 Klassen.[1] Dazu kämen ca. 200 weitere Schüler im Landkreis, die eine Realschule besuchen würden, wenn sie näher am Wohnort läge. So ein vom Kreistag in Auftrag gegebenes Gutachten. Allein 400 Realschüler aus der Kreisstadt Mühldorf müssen zum Realschulbesuch in die Nachbarstädte Waldkraiburg und Altötting transportiert werden. Dr. Spaenle, der auf der Homepage seines Ministeriums mit der Initiative „Bildungsregion in Bayern“ so vehement für die Erhöhung der Bildungschancen junger Menschen vor Ort wirbt, sah bedauerlicherweise keinen Anlass, im Rahmen der Verleihung des Zertifikats „Bildungsregion in Bayern“ auf diesen eklatanten Mangel an Bildungschancen im Landkreis Mühldorf im Rahmen des dreigliedrigen Schulsystems einzugehen. Als Kultusminister des Freistaats Bayern hätte er hier ein deutliches Wort sagen und Landrat und Kreistag ins Gewissen reden müssen, endlich auch im Landkreis Mühldorf eine Realschulversorgung sicher zu stellen, die in Oberbayern aktueller Standard ist. Und das heißt eine Realschule bezogen auf 37000 Einwohner. Bayernweit liegt diese Zahl sogar bei 34000 Einwohnern. Im Landkreis Mühldorf kommen 55000 Einwohner auf eine Realschule. Zum Vergleich: 59000 Einwohner war die Relation für Oberbayern im Schuljahr1963/64 vor Anlaufen des Schulentwicklungsplans. Der Landkreis Mühldorf ist der einzige in Oberbayern, an dem sich daran seither praktisch nichts geändert hat. Für jedermann einsehbar in der vom Kultusministerium edierten Dokumentation „Schule und Bildung in Bayern 2012“ auf Seite 87, Tabelle F 5: Verbesserung der regionalen Versorgung mit Realschulen. www.verwaltung.bayern.de/portal/cl/1058/Gesamtliste.html Die Sprachlosigkeit des Ministers angesichts dieses eklatanten Defizits bei der Verleihung des Zertifikats „Bildungsregion in Bayern“ zeigt, was die Initiative „Bildungsregion in Bayern“ ein Jahr vor der Landtagswahl letztlich ist: Eine Imagekampagne für Minister und Landräte mit geringem substantiellen Beitrag zur Verbesserung der Chancen von Kindern und Jugendlichen vor Ort. Dr. Georg Gafus, Stadtrat und Kreisrat [1] Bayerische Schulen im Schuljahr 2011/12. Eckzahlen sämtlicher Schularten nach kreisfreien Städten und Landkreisen. Stand: Herbst 2011. Herausgegeben im August 2012 vom Bayerischen Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, S. 3. www.statistik.bayern.de/veroeffentlichungen/download/B0100C%20201100/B0100C%20201100.pdf