Anträge „sicherer Hafen“ der grünen Gemeinderatsfraktionen abgelehnt

Anbei lesen Sie die Pressemitteilung vom 24.06.2021:

Im Rahmen einer landkreisweiten Initiative stellten Grüne Fraktionen in folgenden sieben Gemeinden im Landkreis Mühldorf einen Antrag sich zu „sicheren Häfen“ zu erklären: Mühldorf, Waldkraiburg, Ampfing, Schwindegg, Haag, Gars und Polling.

Das Bündnis „Städte Sicherer Häfen“ vereint bundesweit Kommunen, Gemeinden und Landkreise, welche die prekäre Lage der geflüchteten Menschen anerkennen und versuchen diese nach ihren Möglichkeiten zu unterstützen. „Dies kann in unterschiedlicher Form geschehen,“ erläutert Zacharias Spörl, jüngster Stadtrat in Mühldorf und Co-Sprecher des Kreisverbands. Es gäbe acht unterschiedliche Stufen, von Solidaritätsbekundungen bis zur Bereitschaft, Flüchtlinge aufzunehmen und zu unterstützen. „Jede Gemeinde kann sich nach ihrem Potential einbringen. Wir haben natürlich gehofft, dass Mühldorf als Kreisstadt hier eine besonders aktive Rolle einnimmt.“ Diese Hoffnung bestätigte sich allerdings nicht, als auch die Kreisstadt in der vergangenen Stadtratssitzung, als letzte noch ausstehende Gemeinde im Landkreis, den Antrag ablehnte.

Wie auch in den meisten anderen Gemeinden wollte sich der Stadtrat aber gar nicht erst mit dem Thema beschäftigen und verhinderte eine Debatte oder eine Abstimmung des Antrags per Geschäftsordnungsantrag auf Nichtbefassung. Begründet wurde dieser Schritt mit einer scheinbar fehlenden Zuständigkeit. Laut dem Fraktionssprecher der Grünen in Mühldorf Matthias Kraft, ergibt sich schon aus dem Grundgesetz auch für den Stadtrat eine Pflicht zum Schutz der Menschenwürde. Diese schließe die Kompetenz ein, über Möglichkeiten zur sprechen, dieser Pflicht nachzukommen. „Über 250 Kommunen jeder Größe und politischen Ausrichtung in ganz Deutschland haben sich für zuständig gehalten und sich solidarisch erklärt.“ rief er den Stadträt:innen in seiner Begründung zu.

Bedauernswert ist, dass sich keine unserer Gemeinden wenigstens zu einer bloßen Solidaritätserklärung mit den Menschen auf der Flucht durchringen konnte.

Auch ein Antrag der Grünen Kreistagsfraktion aus dem Oktober 2020, dass der Landkreis sich zur Aufnahme von Geflüchteten aus Moria aus humanitären Gründen bereit erklärt, wurde mit derselben Begründung abgelehnt.

Wünschenswert wäre hierbei auch ein transparenterer Umgang der Gemeinden und des Landratsamts dahingehend gewesen, mitzuteilen wie viel Kapazitäten der Landkreis tatsächlich hat und wie viele Geflüchtete aufgenommen werden könnten.

Angestoßen wurde die Aktionsreihe von der Grünen Gemeinderätin und Kreisrätin aus Polling Lena Koch: „Das entsetzliche Leid und die große Ungerechtigkeit in den Lagern der griechischen Inseln müssten uns alle beschäftigen – egal welcher Partei wir angehören, denn immerhin haben wir ja auch europäische Werte zu bewahren. Sich für nicht zuständig zu erklären, lässt mich enttäuscht zurück und ich frage mich: wie können wir den Menschen vor Ort tatsächlich helfen? Wie schaffen wir es, dass nicht länger das „Abschrecken“ sondern endlich das „Aufnehmen“ zählt? Jeder Tag, den die Menschen dort in Unsicherheit und unter hygienisch miserablen Zuständen verbringen müssen, ist ein Tag zu viel. Jedes Kind das darüber nachdenkt sich das Leben zu nehmen ist eines zu viel. Aber Tatsache ist: allein im vergangenen Jahr haben sich 50 Kinder das Leben genommen – wir groß muss ihre Verzweiflung sein? Und wir schauen zu…“

Flankiert wurden die Anträge von mehreren Protestaktionen und einer Online Diskussion zum Thema „Das Flüchtlingsdrama vor unserer Haustüre“. Unter den Diskussionsteilnehmer:innen war auch Margarete Bause, die Sprecherin der Grünen Bundestagsfraktion für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Auch sie verfolgte die Aktionen im Landkreis mit Spannung und zeigte sich enttäuscht von dem Ausgang der Anträge: „Besonders enttäuschend finde ich, dass sich die Mehrheit in vielen Gemeinderäten nicht einmal mit den Anträgen beschäftigen wollte. Aber Gleichgültigkeit und Wegschauen ist keine Option. Wir stehen auf allen politischen Ebenen in der Verantwortung Frauen, Männer und insbesondere Kinder aus den menschenunwürdigen Verhältnissen in den Lagern herauszuholen. Wir Grüne kämpfen weiter dafür, dass Menschlichkeit in konkretes Handeln vor Ort umgesetzt wird.“

Kerstin Daser und Zacharias Spörl
Kreisvorsitzende BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Mühldorf