2 Mühldorfer Grüne zu Besuch bei der EU in Brüssel 6. Februar 20236. Februar 2023 Wie kommt Bürger*in zu den EU-Institutionen in Brüssel? Wie funktioniert daseuropaweite Bündnis von 450 Millionen Bürger*innen? Wo sitzen die Lobbyisten?Antworten auf diese Fragen und mehr erhielten zwei Mühldorfer Grüne, Mitglieder ineiner Reisegruppe, welche der Einladung aus dem Münchner Büro der GrünenEuropaabgeordneten Henrike Hahn gefolgt waren. Die Reise erfolgte, für uns Grüne selbstverständlich, per Bahn und vor Ort in Brüssel mitMetro und Bus. 42 Reiselustige hatten sich am Münchner Hauptbahnhof eingefunden,aus München, Augsburg, Würzburg und aus Mühldorf.Brüssel ist eine quirlige Stadt verschiedenster Nationalitäten. Für die erste Orientierunghalf eine Stadtführung. Belgien ist ja bekannt für seine Comics, man entdeckt sie anHausecken und Fassaden. Viele kleine Läden und Geschäfte, Gemüsetandler undPralinenverkäufer, Friseursalons und Plattenläden, Bars und Imbissbuden, inhistorischen Fachwerkhäusern oder in supermodernen Bauten wie dem Europaviertel,geben der Stadt ein eigentümliches Gepräge. Unsere Reisegruppe war unweit desBrüsseler Südbahnhofs untergebracht, nahe dem alten Stadtkern mit Rathaus undManneken Pis. Wie die EU funktioniertZentrale Station unserer Reise war das Europaviertel. Dort liegen die aus den Medienbekannten Gebäudekomplexe der drei EU-Institutionen Parlament, Kommission undRat. Auf ca. 70% aller deutschen Gesetze hat die EU Einfluss, erfuhren wir in der EU-Kommission. Diese ist die Hüterin der EU-Verträge und vertritt den Staatenbund nachaußen. Bei der Kommission arbeiten 30.000 Menschen für 34 Generaldirektionen. ZumVergleich: Die Stadt München beschäftigt 35.000 Beamte und Angestellte.Die EU-Gesetzgebung kennt verschiedene Grade der Zuständigkeit, z.B. exklusiv beiHandel und Wettbewerb, geteilt bei Landwirtschaft und Umwelt, unterstützend imTourismus. Unterschieden werden dabei• die in allen Ländern unmittelbar geltenden Verordnungen,• die Ziele vorgebenden Richtlinien, die von den Mitgliedsländern ausgestaltet werden,• die Beschlüsse, welche die EU mit einzelnen Partnern, wie z.B. Google, abschließt.Gesetzesinitiativen kommen von der Kommission, das Parlament hat kein Initiativrecht.Nach 1. und 2. Lesung im Rat, die Staatenkammer der EU, und im Parlament könnenVorschläge am Ende Gesetzeskraft erlangen. Interessant zu wissen: GroßeMaßnahmenpakete können vor Verhandlungsbeginn im Internet ein Jahr langeingesehen werden.EU-Mittel gibt es aus 2 Töpfen: dem kleineren Kulturfonds und der größerenRegionalförderung. Für das Paket „Next Generation EU“, das die EU resilient undnachhaltig machen soll, stellt Brüssel insgesamt 806,9 Mrd. Euro in 7 Jahren bereit, derKlima-Sozialfonds wird mit 72,2 Mrd. Euro finanziert.Das EU-Parlament mit seinen 705 direkt gewählten Mitgliedern tagt lediglich 3-4malpro Jahr in Brüssel, die meisten Plenumssitzungen finden in Straßburg statt. Brüsseldagegen ist die Stadt für die Ausschussarbeit. Eine europäische Grüne: Henrike HahnUnsere Gastgeberin, Henrike Hahn, lud uns in ein bei den Grünen EU-Abgeordnetenbeliebtes vegetarisches Speiselokal. Henrike kommt aus der Unternehmensberatungund war wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bayerischen Landtag und im Bundestag. AlsMdEP ist sie im Industrieausschuss Vollmitglied, im Wirtschaftsausschussstellvertretendes Mitglied und Teilmitglied im Haushaltsausschuss. Schwerpunkte dortsind Klima, Umwelt und Forschung & Entwicklung.Wie verlaufen die Verhandlungen im Trilog, dem Dreiertreffen der gesetzgebenden EU-Institutionen? Wichtig zu wissen: sie werden nicht protokolliert! Das ermöglicht, soHenrike, eine offenere Diskussion unter den Vertreter*innen der drei Gremien. Wirlernten, dass es Berichterstatter*innen gibt, die für die Verhandlungen zwischen den EU-Fraktionen verantwortlich sind, Henrikes bevorzugte Rolle,. Daneben gibt es dieSchattenberichterstatter*innen, sie vertreten die Perspektive der Grünen im EU-Parlament. Auch ein LobbyistAm gleichen Tag hatten wir einen Termin bei der Vertretung des Freistaates Bayern inder EU. Das ist gleichsam die bayerische Lobbyvertretung, sie hat sich im Vorgarten desParlaments angesiedelt. Deren Räume können auf Anfrage von bayerischen Verbändenund kommunalen Vertretungen gebucht werden. An diesem Ort schlug einem danndoch die bekannte EU-Skepsis entgegen.Im Haus der Europäischen Geschichte ließ sich viel Kluges zu den historischen WurzelnEuropas und zur jüngeren Geschichte erfahren. Ausgestattet mit Tablets undKopfhörern konnte man sich individuell auf den 6 Etagen des Museums orientieren undin einer der 24 Amtssprachen der EU belehren lassen. Zum Abschied ein süßer TrostKurzfristig hatte die Bahn die gebuchte Verbindung zurück in die Heimat annulliert undwir mussten die Abreise um 2 Stunden verschieben. Führerin Katharina ergriff dieGelegenheit und brachte uns kurzentschlossen noch zu „Concept Chocolate“, eineChocolaterie und Geheimtipp für Freunde süßer Gaumenfreuden. Der Besitzer, optischein typischer Belgier (Asterix-Fans kennen ihn gut), jedoch mit deutschen Wurzeln,erzählte, dass das Ausgangsmaterial für die Pralinenherstellung, die Schokolade, vonnur noch 3 europäischen Fachfirmen angeboten wird, allerdings gleich in 600verschiedenen Geschmacksrichtungen. Der Pralinenmeister fertigt daraus nachgeheimer Rezeptur und mithilfe eines Models und den Zutaten Schokolade, Kakaobutterund Zucker seine Pralinen.Ein wenig vermochte die süße Wegzehrung die Reisenden auf der überlangenHeimreise trösten.